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Verfassungsbeschwerde erfolglos: Staatliche Erlösabschöpfung während Energiekrise rechtmäßiger Ausnahmefall - Richter setzen für Zukunft enge Grenzen

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Hamburg und Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde des Ökoenergie-Anbieters Lichtblick sowie von 21 weiteren Betreibern von Solar-, Wind- und Biomassekraftwerken abgewiesen, nach der die Erlösabschöpfung während der Energiekrise die Berufsfreiheit und Eigentumsgarantie der betroffenen Unternehmen verletze.

Das Gericht hat in seinem heutigen Urteil (28.11.2024) vielmehr entschieden, dass die Erlösabschöpfung als Eingriff in die Berufsfreiheit als Reaktion auf eine nach Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 entstandene Ausnahmesituation auf dem Strommarkt verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.

Der enorme Anstieg des Strompreises infolge der kriegsbedingten Verknappung von Gas habe insbesondere bei den Betreibern von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu außerordentlichen, die typischen Investitionserwartungen weit übersteigenden Erlösen geführt, so das BVerfG. Gleichzeitig seien Stromverbraucher außergewöhnlich stark belastet worden. In dieser Ausnahmesituation habe die Umverteilung der erzielten sogenannten Überschusserlöse einen angemessenen Ausgleich zwischen den begünstigten Stromerzeugern und den belasteten Stromverbrauchern hergestellt, so die Richter am BVerfG.

Die Richter hätten die Erlösabschöpfung für die Krisensituation zwar gebilligt, aber gleichzeitig anerkannt, dass der staatliche Eingriff die Grundrechte abgeschöpfter Unternehmen beeinträchtigt habe, so Markus Adam, Chefjurist des Ökoenergieversorgers Lichtblick, über die Entscheidung des BverfG. „Damit setzen sie klare Grenzen für derart tiefe Eingriffe. Diese sind nur in absoluten Ausnahmefällen verfassungskonform und angemessen – auch in Zukunft. Die ausführliche mündliche Verhandlung und die zahlreichen Beiladungen zeigen, dass dies kein einfaches Verfahren war", betont Adam.

Auch aus Sicht der Beschwerdeführer war es laut Lichtblick sinnvoll, dass die Bundesregierung Haushalte und Unternehmen in der Energiekrise entlastet hat. Es war ihrer Ansicht nach jedoch unzulässig, die Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen über eine Erlösabschöpfung an den Kosten zu beteiligen.

Die Erlösabschöpfung wurde mit dem Gesetz zur Strompreisbremse (StromPBG) eingeführt. In der Zeit von Dezember 2022 bis Ende Juni 2023 wurden die Einnahmen von Wind-, Solar- und Biomassebetreibern abgeschöpft, um die Preisbremse mitzufinanzieren, dabei hatten damals vor allem Gas- und Kohlekraftwerke die Preise in die Höhe getrieben. Der komplexe staatliche Eingriff in das laufende Geschäft grüner Erzeuger beruhte in Teilen auf der Annahme fiktiver Erlöse. In vielen Fällen wurde vom Staat mehr Geld kassiert, als der Betreiber mit der Stromerzeugung verdient hat, kritisiert Lichtblick.

Die Folge: Ganze Geschäftsfelder brachen während des Abschöpfungszeitraums ein, wie der Markt für Direktlieferverträge (PPA). Dabei würden gerade diese langfristigen Lieferverträge stabile Energiepreise für die Verbraucher und Unternehmen garantieren.

Bei der mündlichen Verhandlung im September hatten auch die Branchenverbände Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), Bundesverband Windenergie (BWE) und Bundesverband Bioenergie (BBE) die Rechtmäßigkeit der Erlösabschöpfung bezweifelt.

© IWR, 2024

28.11.2024