Klimawandel-Studie: Wenige realistische Szenarien zur Begrenzung auf 1,5 Grad bleiben
Nur noch wenige realistische Szenarien bleiben zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gemäß dem Pariser Abkommen, so eine neue Analyse. Um dieses ehrgeizige Klimaziel zu erreichen, müssen große Anstrengungen unternommen werden und bei den zentralen Parametern gegengesteuert werden, bei einigen davon in einem herausfordernden Maße. Zu den Hebelparametern zählt neben dem Energie-Sektor insbesondere auch die Land-Nutzung.
Kein realistisches Klimaszenario verlässt sich auf einen einzigen Königsweg
Von den mehr als 400 Klimaszenarien, die im 1,5 Grad-Bericht des Weltklimarats IPCC ausgewertet wurden, vermeiden nur etwa 50 Szenarien ein deutliches Überschreiten einer globalen Erwärmung von 1,5 Grad. Von diesen machen nur etwa 20 realistische Annahmen zu den Minderungsoptionen, zum Beispiel zum möglichen Umfang zur CO2-Extraktion aus der Atmosphäre oder zum Ausmaß von Aufforstung. Alle 20 Szenarien müssen mindestens einen Minderungshebel in einem eher "herausfordernden" Maße bewegen. Das zeigt eine neue Studie unter Beteiligung des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Global betrachtet besteht daher aus Sicht der Wissenschaftler ein hohes Risiko, dass die 1,5 Grad-Grenze überschritten wird, zudem schließt sich das realistische Zeitfenster für die Einhaltung dieses Klimaziels aus dem Pariser Abkommen sehr schnell.
"Die Emissionsszenarien unterscheiden sich in ihrer Abhängigkeit von jedem der fünf von uns untersuchten Minderungshebel. Doch alle Szenarien, die wir als realistisch einschätzen, ziehen zumindest mehrere Hebel in einem herausfordernden Bereich. Keines der realistischen Szenarien verlasse sich auf einen einzigen Königsweg“, so Leit-Autorin Lila Warszawski vom PIK.
Beschleunigung der weltweiten Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen mit allen verfügbaren Mitteln
Bei den fünf von den Forschenden betrachteten Hebeln zur Minderung der Treibhausgase handelt es sich um die Reduzierung der Energienachfrage, die Dekarbonisierung der Nutzung und Erzeugung von Energie, Strategien zur Extraktion von Kohlendioxid, die Senkung von Treibhausgasemissionen durch Senken im Bereich der Landnutzung sowie eine Reduktion des Treibhausgases Methan (Tierproduktion, Öl- und Gasförderung). Die Forschenden zogen bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse heran, um Grenzen zu definieren, die zwischen einem "vernünftigen", "herausfordernden" und "spekulativen" Einsatz der Hebel bis zur Mitte des Jahrhunderts abgrenzen. Auf dieser Grundlage können dann die Beiträge zur Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad ohne oder mit nur geringer Temperaturüberschreitung berechnet werden.
Im Ergebnis zeige die Analyse, dass die Menschheit vor einer dreifachen Herausforderung stehe, um die globale Erwärmung zu stabilisieren, ohne die 1,5 Grad-Grenze deutlich zu überschreiten: Erstens, eine Halbierung der globalen Emissionen in jedem Jahrzehnt. Zweitens, eine naturverträgliche Methode, um CO2 aus der Atmosphäre durch Aufforstung und Landnutzungsänderungen zu extrahieren. Und drittens, den Schutz der natürlichen Elemente im Erdsystem, die bereits heute die Hälfte der globalen Emissionen aus der Atmosphäre aufnehmen.
"Die notwendigen Emissionsminderungen sind schwer zu erreichen, technisch, aber auch politisch. Sie erfordern eine noch nie dagewesene Innovation der Lebensstile und der internationalen Zusammenarbeit", so Co-Autor Johan Rockström vom PIK. Es sei auch klar, dass es ganz unabhängig vom speziellen Klimaziel jetzt vor allem darauf ankomme, schnell starke Emissionsminderungen umzusetzen. „Dennoch denke ich, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad jede Anstrengung wert ist. Und zwar weil dies das Risiko begrenzen würde, einigen Kippelementen im Erdsystem einen zusätzlichen Schubs zu geben, etwa den Eisschilden oder Ökosystemen wie dem Amazonas-Regenwald", so Rockström weiter.
© IWR, 2021
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