Windforschung: Langlebigere Zahnräder für zuverlässige Getriebe in Windkraftanlagen durch Umformtechnik
© Fraunhofer IWUChemnitz - Wenn Offshore-Windturbinen wegen defekter Getriebe stillstehen, ist eine Reparatur oft nur unter Einsatz von Spezialkränen möglich.
Je nach Witterung können hoher Wellengang, kräftige Winde und schlechte Sichtverhältnisse die Servicteams behindern und die Stillstandzeiten weiter verlängern. Zahnradschäden an Offshore-Windkraftanlagen zu beheben, ist daher sehr teuer und möglichst langlebige Zahnräder sind der Schlüssel für die Zuverlässigkeit von Getrieben in Windenergieanlagen.
Im Projekt Gearform hat das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (Fraunhofer IWU) vor diesem Hintergrund gemeinsam mit Industriepartnern ein Warmwalzverfahren zur Herstellung langlebiger, großmoduliger Zahnräder entwickelt. Gegenüber dem Wälzfräsen kann dieses Verfahren laut Fraunhofer IWU zusätzlich mit einem besonders hohen Materialnutzungsgrad und erheblich kürzeren Fertigungszeiten punkten.
Mit einem Durchmesser von 500 Millimetern und einem Modul (Zahngröße) von 9,5 Millimetern ist das im Rahmen des Projektes gefertigte Zahnrad das größte bisher umformtechnisch hergestellte Zahnrad. Dazu fertigten die Projektpartner eigens eine Warmwalzanlage an, die den Walzrohling auf 1.200 Grad erwärmt und die Verzahnung unter rotatorischer Bewegung in das Bauteil einbringt.
In diesem Umformprozess entstehen keine Späne. Da das Volumen bei der Bearbeitung nicht reduziert wird (Volumenkonstanz), lassen sich immerhin 20 Prozent Material einsparen. Beeindruckend ist zudem der Faktor Zeitersparnis, denn während der Walzprozess nur rund 6,5 Minuten dauert, werden beim Wälzfräsen etwa 60 Minuten benötigt.
Besonders positiv wirkt sich das Warmwalzen auf die Langlebigkeit eines Zahnrads aus, was mehrere Gründe hat. Beim Umformen wird der Faserverlauf des Materials nicht getrennt, sondern lediglich an die geometrische Außenkontur angepasst. Dies erhöht sowohl die Zahnfußfestigkeit (unterer Bereich der Verzahnung) als auch die Tragfähigkeit der Zahnflanke (Kontaktbereich mit anderen Zahnrädern).
Hinzu kommen laut Fraunhofer IWU umformbedingte Verfestigungseffekte wie die Beeinflussung der Versetzungsverdichtung und der Feinkornbeeinflussung. Die plastische Verformung als Folge des Warmwalzprozesses bewirkt nämlich eine deutlich höhere Versetzungsdichte im Kristallgitter des Metalls, wodurch dessen Festigkeit und Härte gesteigert werden. Gleichzeitig führt eine Kornfeinung zu mehr Zähigkeit des Materials. Ebenfalls dem Härten dient eine anschließende Wärmebehandlung. Durch eine zerspanende Bearbeitung (Schleifen) erhalten die Oberflächen des Zahnrads schließlich ihre endgültige Kontur.
Das Projekt „Gearform: Energie- und ressourceneffiziente Umformung großmoduliger Zahnräder“ wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz unterstützt. Projektpartner sind neben dem Fraunhofer IWU (Koordination) die Firmen EMA-TEC GmbH, Härterei Reese Chemnitz GmbH & Co.KG, Dreiling Maschinenbau GmbH und der Antriebstechnik-Spezialist Flender GmbH.
© IWR, 2024
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